
Hafen von Aralsk
Der aufgegebene Hafen von Aralsk zeigt Besuchern eindrucksvoll was Menschen durch falsche Eingriffe in der Natur anrichten können.
Wer durch die Straßen von Aralsk in der Region Qysylorda spaziert, spürt schnell, dass hier einst große Träume lebten – Träume von einem blühenden Hafen, von vollen Netzen und vom Leben am Meer. Heute liegt die kasachische Stadt Aralsk weit entfernt von jeder Küste, und doch war sie einst ein lebendiges Tor zum Aralsee – einem der größten Binnengewässer der Welt, das über Jahrzehnte unaufhaltsam verschwand.
Vom Fischerdorf zur Hafenstadt – und zurück
Noch in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts war Aralsk eine bedeutende Hafenstadt nur 230 Kilometer vom Kosmodrom Baikonur entfernt. Hier landeten täglich dutzende Fischkutter an, entluden ihre Ladung aus Karpfen, Hechten und Barschen, die anschließend in den Verarbeitungsbetrieben der Stadt zu Konserven verarbeitet wurden. Die Fischerei ernährte Tausende Menschen. Der Aralsee war nicht nur wirtschaftliche Lebensgrundlage, sondern auch identitätsstiftend – das Meer im Herzen der Steppe.
Doch diese glorreichen Zeiten sind lange vorbei. Infolge großflächiger sowjetischer Bewässerungsprojekte in den 1960er Jahren, bei denen Flüsse wie der Amudarja und Syrdarja zur künstlichen Bewässerung von Baumwollfeldern umgeleitet wurden, schrumpfte der Aralsee dramatisch. Aralsk, einst ein Hafen am Wasser, lag plötzlich Dutzende Kilometer vom Ufer entfernt – der Hafen fiel trocken, die Fischereiflotte verrostete, und die Wirtschaft der Stadt brach zusammen.
Mahnmale aus Stahl – Die Hafenkräne von Aralsk
Heute stehen zwei gewaltige rostige Hafenkräne als letzte Zeugen dieser versunkenen Ära am Rand des ehemaligen Hafens. Wie stählerne Skelette ragen sie in den kasachischen Himmel, trotzen Wind und Wetter – und erinnern mit ihrer stillen Präsenz an den dramatischen Wandel der Region. Kein Schiff legt hier mehr an, keine Kisten werden mehr verladen. Doch gerade in ihrer Stille erzählen die Kräne mehr als jedes Geschichtsbuch: von Aufbruch und Verlust, von menschlichem Eingreifen in die Natur und dessen unvorhersehbaren Folgen.
Wer sich diesen Ort in Ruhe anschaut, wird nicht nur fotografisch fündig – er findet auch Raum zum Nachdenken. Über das Verhältnis zwischen Mensch und Umwelt, über die Konsequenzen unseres Handelns und über das, was bleibt, wenn die Welt sich weiterdreht.
Museumsschiffe im Sand – Erinnerung in Blech und Farbe
Einen Steinwurf vom Hafen entfernt befindet sich das kleine, aber eindrucksvolle Museum von Aralsk. Hier stehen mehrere ehemalige Fischereiboote, die einst auf dem Aralsee unterwegs waren – heute liegen sie wie gestrandete Wale auf trockenem Boden. Ihre Rümpfe sind entrostet und frisch lackiert, fast als wollten sie noch einmal hinaus aufs Meer. Auch im Inneren des Museums erfahren Besucher mehr über die bewegte Geschichte der Region: Fotos aus der Blütezeit des Hafens, persönliche Gegenstände ehemaliger Fischer und historische Karten zeichnen ein lebendiges Bild des einstigen Lebens am Wasser.
Es ist ein Ort des Gedenkens, aber auch der Hoffnung. Denn trotz allem wurde in den letzten Jahrzehnten viel getan, um dem See zumindest einen Teil seines Wassers zurückzugeben. Durch den Bau eines Damms konnte sich der nördliche Teil des Aralsees – der sogenannte Kleine Aralsee – wieder füllen. Einige Fischarten sind zurückgekehrt, und auch die Fischerei beginnt sich langsam zu erholen.
Ein Ort, der bewegt
Aralsk und der ehemalige Hafen sind heute kein klassisches Touristenziel – doch gerade das macht seinen Reiz aus. Wer hierherkommt, sucht keine perfekt inszenierten Sehenswürdigkeiten, sondern echte Geschichten. Geschichten von Aufstieg und Fall, von Kampfgeist und dem Streben nach Neubeginn. Die rostigen Hafenkräne, die Museumsschiffe im Sand und die stille Weite rund um die Stadt erzählen all das – wortlos und doch tief berührend.
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